Kreislaufwirtschaft: Erwartungen nach dem Koalitionsvertrag

 

Das Deutsche Verpackungsinstitut e. V. (dvi) bewertet den Koalitionsvertrag für die aktuelle 20. Legislaturperiode positiv. Der Fokus auf Kreislaufwirtschaft wie auch die Förderung des Rezyklateinsatzes kommen gut an, das Urteil zur Umsetzung der sogenannten Plastiksteuer fällt dagegen kritisch aus. Auf dem vierten Verpackungsgipfel formulieren die deutsche Kreislaufwirtschaft und die Verpackungshersteller ihre Erwartungen an die neue Bundesregierung.  

dvi zum Koalitionsvertrag: Beifall, Kritik und Selbstbestätigung

 

Als der Koalitionsvertrag zwischen den Regierungsparteien feststand, äußerte sich Ende November das Deutsche Verpackungsinstitut e. V. zum Ergebnis. Kim Cheng, die Geschäftsführerin des dvi, sah im Hinblick auf Verpackungen vor allem den positiven Aspekt, „dass die Ampelkoalitionäre das Thema Kreislaufwirtschaft ernsthaft angehen wollen“. Das grundsätzliche Vorhaben, die ökonomischen und ökologischen Potentiale des Recyclings umfassend zu nutzen, entspreche den aktuellen Notwendigkeiten. Dieses Vorhaben erkenne auch die Chancen, wenn es um wirtschaftliches Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen geht.

Ein positives Beispiel sei etwa, „dass ressourcenschonendes und recyclingfreundliches Verpackungsdesign sowie der Rezyklateinsatz belohnt werden soll“. Dies sei ein Schritt in die richtige Richtung, genau wie die beschleunigte Entwicklung von Qualitätsstandards für Rezyklate zur Ermöglichung hochwertiger Stoffkreisläufe.  

„Nicht optimal“ sei hingegen die geplante Regelung bei der Plastiksteuer. „Die Koalitionäre sprechen davon, die im Rahmen der EU bereits bestehende Plastikabgabe auf die Hersteller und Inverkehrbringer umzulegen. Es ist fraglich, ob mit einer solchen Umlage die gewünschte Lenkungswirkung erreicht wird“, gab Cheng zu bedenken. Darüber hinaus seien die Einnahmen der Plastiksteuer nicht zweckgebunden und würden direkt in den EU-Haushalt fließen. Kim Cheng: „Dadurch werden die Mittel der Kreislaufwirtschaft entzogen, ohne dass sie einen Beitrag zu deren Weiterentwicklung leisten.“

Zusammenfassend sah Cheng den Koalitionsvertrag als Nachweis für die zentrale Bedeutung, die die Verpackung beim Aufbau der Kreislaufwirtschaft innehabe. Die Verpackungswirtschaft sei hochinnovativ. Sie bringe Pionierleistungen bei der Ermöglichung und Etablierung von Circular Economy sowie beim Umwelt- und Klimaschutz. „Davon werden zukünftig auch andere Produkte profitieren“, so Cheng.


Vierter Verpackungsgipfel: Große Hoffnung und Erwartungen

 

Der vierte Verpackungsgipfel fand am 14. Dezember 2021 in der niedersächsischen Landesvertretung in Berlin statt. Zu der Tagung im Hybridformat – also sowohl vor Ort als auch virtuell – hatten sich rund 150 Experten aus Politik, Wirtschaft, Verbänden und Forschungsinstituten eingefunden. Organisiert wurde der Kongress von den Verbänden:

  • Arbeitsgemeinschaft Verpackung + Umwelt (AGVU)
  • Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser und Rohstoffwirtschaft e.V. (BDE)
  • Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V. (bvse)

 

Das Treffen stand unter dem Titel: „Recyclingfähigkeit und Sekundärrohstoffensatz bei Verpackungen – Neue Impulse in einer neuen Legislaturperiode“.

Die Hoffnung auf dauerhaften Rückenwind für die Kreislaufwirtschaft sei groß, denn erstmals greife der Koalitionsvertrag einer neuen Bundesregierung dieses Thema explizit auf, hieß es seitens der Verbände. BDE-Geschäftsführer Dr. Andreas Bruckschen sah in der Ankündigung der neuen Ampelkoalition gar ein Ausrufezeichen für eine nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie. Nun seien alle Beteiligten sehr gespannt, „ob es der neuen Regierung auch tatsächlich gelingt, der Kreislaufwirtschaft den notwendigen Impuls zu geben“. Unter anderem, so Bruckschen weiter, indem sie „wie im Koalitionsvertrag angekündigt, schärfere Regeln für das Design for Recycling und anspruchsvolle Rezyklateinsatzquoten zügig verabschiedet“.    

Welche Veränderungen die neue Bundesregierung in der kommenden Legislaturperiode beim Thema Kreislaufwirtschaft und Recycling anstoßen möchte, machte die umweltpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Judith Skudelny, in ihrer Keynote deutlich. „Unser Ziel sind recyclingfreundliche Verpackungen“, so Skudelny. „Zudem sind bessere Recyclingmöglichkeiten nötig, die wir nur schaffen können, wenn die Unternehmen investitionsfähig bleiben.“ Die im Koalitionsvertrag erwähnten Einführung einer Plastiksteuer sei nur dann sinnvoll, sollte sie tatsächliche eine Lenkungswirkung entfalten können.

Der Praxisteil des Kongresses gehörte den Unternehmen, die ihre Ansätze für kreislauffähige Verpackungen und den Wiedereinsatz von Rohstoffen präsentierten. Zudem stellte Axel Steffen, der Abteilungsleiter Umwelt, Klimaschutz, Nachhaltigkeit im Umweltministerium des Landes Brandenburg, die Vorschläge der Länderarbeitsgruppe RESAG zur Steigerung des Rezyklateinsatzes bei Kunststoffen vor. Hier bildeten die Effekte der Kreislaufwirtschaft für den Klimaschutz einen besonderen Schwerpunkt. Steffen lobte die Aktionsvielfalt der Branche als „beachtlich“.

Auch Eric Rehbock, Geschäftsführer des bvse, betonte die Wichtigkeit von Recycling. „Die recyclinggerechte Produktgestaltung ist das A & O für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft“, so Rehbock. „Dabei ist entscheidend, dass das Recycling nicht einfach eine theoretische Möglichkeit ist, sondern ganz praktisch umgesetzt werden kann. Für uns ist seit Jahren klar: Verpackungen, die nicht recycelt werden können und keinen Beitrag zu Kreislaufwirtschaft und Klimaschutz leisten, dürfen nicht mehr auf den Markt kommen.“ Rehbocks deutliche Warnung: „Greenwashing bringt uns nicht weiter.“

Auch an den nötigen Innovationen mangelt es der Branche nicht, wie die vorgestellten innovativen Ideen für die Zukunft des Recyclings zeigten. Hierbei für Verpackungen im Fokus: 

  • digitale Wasserzeichen
  • chemische Tracer

 

Diese Neuerungen trügen demnächst womöglich zu deutlich gesteigerter Sortierleistung bei, die das Schließen von Rohstoffkreisläufen ermöglichen könnten.

Dr. Carl Dominik Klepper, Geschäftsführender Vorstandsvorsitzender der AGVU fasste zusammen: „Digitalisierung und Investitionen in neue Technik können zu massiven Verbesserungen bei der Menge und Qualität von Rezyklaten führen.“ Nun käme es darauf an, „für eine möglichst breite Anwendung der Markierungstechnik bei Markenherstellern und Einzelhändlern zu werben“.